Liebe

Weiße Blüten drehen

Wunden mir ins Fleisch

und meine Seele brennt

und ruht zugleich.

 

 

Der Krug

Es ist der Lauf der Welt,

daß, was zerbrechen kann, zerbricht,

nicht immer, aber ab und an.

Drum weine nicht, wenn ich Dir sag,

daß ich nicht komme morgen

und dich nicht

mehr lieben kann.

 

 

1000 Welten

Weißt Du denn nicht, bei Gott,

wie ich dich liebe,

noch immer nicht?

Du sagst, du wüßtest nicht,

ob du jetzt ficken kannst,

da deine alte Mutter liegt, so krank.

Dabei würd ich dich doch

durch tausend Welten tragen,

ganz ohne Schwanz.

 

 

Es ist so schwer

Es ist so schwer,

dies Licht ganz ohne dich zu finden,

die Kraft zu haben und den Mut,

es ist so voll und leuchtend dieses Leben,

mit dir in mir,

und ohne dich so trostlos, leer und tot.

Es gibt kein Ende, keinen Horizont,

in diesen nebeligen Weiten,

ganz ohne Richtung, ohne Zeit,

kein Tag mehr, keine Nacht,

ein Einerlei aus Steinen in dem Weg,

der nirgend endet, nicht beginnt.

 

 

Volksweisheit

Das sagt man immer,

nimm es, wie es kommt,

und was, wenn es nicht kommt?

Jeder ist seines Glückes Schmied!

Und wenn Du keinen Amboß hast

und die Glut schon längst kalt ist?

Das Glück ist mit Händen zu greifen!

Und wenn Du keine Hände hast?

 

 

Phoenix

ewige Weiten, vollgefüllt

perlende Tropfen

liebkosend umschlossen

immer und sein

nie etwas anderes

immer und jetzt

sanft und behutsam

Duestes Du

gleißende Ruhe

verschwimmendes Selbst

leuchtende Asche

leuchtende Schwingen

wir sind die Sonne

alles ist gut

 

 

durstig (Tantalus)

Hab kein Gespür mehr für Dich,

bist mir so weggerutscht,

meine Liebe, mein Leben,

grad noch so nah,

schon so weit weg-

was ist denn dann dran an dem Ganzen,

wenn es so schnell geht,

so schnell nichts mehr ist?

Mein Durst wär so groß,

zu wissen, was wirklich,

zu fühlen, es ist echt,

doch trunken wie ein Narr

steh ich wieder mal da

und die Hand greift ins Leere.

 

 

Der Schnee ist naß und schwer

Der Schnee ist naß und schwer

der See ein Spiegel aus Blei

die Bäume tropfen vor Nässe

im Himmel hängt der Wind

fern fährt ein Zug

die Krähen gehen schlafen

ich denk an Dich

 

 

morgen

Da stehtst Du,

so müde,

ich würd sogerne

Deine Seele waschen

und frottieren

und ganz sanft

in meinen Schoß legen

und auf frisches Linnen betten

und Dich küssen, allüberall,

in geruhsamen Schlaf,

Deine bösen Träume verscheuchen

und mich legen über Dich.

Aber Du willst sie ja nicht,

meine Liebe.

 

 

Sonntag

Du hörst das Wasser

in der Heizung glucksen.

Der Schlaf liegt noch bei Dir.

Draußen tropft die Zeit ab.

Beim Nachbarn kocht ein Wasserkessel.

Am Himmel kratzt ein Flieger.

Wärst Du jetzt da,

würde es schon nach Kaffee riechen,

das Radio leise an.

Du ständst im Bad

und würdest Dich rasieren.

Doch es ist ruhig.

 

 

die letzten 2 Wochen

Sicherungen durchgebrannt

dauernder Feueralarm

klirrende Angst

nirgend ein Halt

ausgebranntes Selbst-

wo bist du nur hin

aufheulende Welt

kreist ohne Rast

um dich herum

eine einzige schutzlose Wunde

drin stecken tausend Splitter aus Glas

gehetzt von der Meute

aus gellender Wirklichkeit

die niemals Halt macht

und inzwischen schon

in deinem Kopf sitzt

der dir nicht mehr gehört

du bist ausquartiert, rausgeschmissen

liegst ohnmächtig und geschunden

in einem unbekannten Loch

während sie

in deinem Kopf feiern

und dich schenkelklopfend

verhöhnen

 

 

zum Geburtstag

Mein Nanuckal

kriegt ein Heidschnuckal

für süße Träume und erquickenden Schlaf.

Das war schon das wolfigste Schaf,

mehr Wolf hat es nicht gegeben;

so ist es nun manchmal im Leben

(das heißt nicht gleich, es ging schief):

manche Zweige, die hängen zu hoch,

und manche, die hängen zu tief.

 

 

aufwiedersehn

Warum soll ich immer verglühn

in einsamen Höhen,

und Du sitzt da unten

und weißt nicht, was ich meine;

und wenn es nur die Angst ist,

die Dich abhält,

das macht doch nichts besser.

Drum laß uns Freunde sein,

die gerne sich paaren,

und die Liebe einpacken

in ein sauberes Tüchlein

und aufbewahren

an einem hellen, sonnigen Ort.

Vielleicht treibt sie Blüten

in einem anderen Leben.

 

 

spät

Das Feuer ist aus,

sogar die Glut geht schon schlafen,

das Hundegebell

erstirbt, bevor es begann.

Die Wolken stehn tief,

kein Sternengefunkel,

das kleine Licht

leuchtet dem Rest der Nacht.

Du liegst nebenan

mit sanftem Schnarchen,

verirrtes Schäfchengeläut

dringt durchs Fenster von fern.

Was ist noch geblieben,

außer Gewohnheit,

von dem, was einmal

wohl Liebe war.

 

 

Das Monster

Das Licht hat immer schon geflackert,

jetzt ist auch noch der Spiegel blind.

Kein Wiederhall in Deiner Seele,

wenn ich Dich anseh,

dann blickst Du zurück

mit fremden bösen Augen

wie ein getretenes Tier,

wenn ich was sage,

dann hörst Du nicht zu,

und wenn,

dann verstehst Du mich nicht.

Ist ein Mutant

in Dich gekrochen,

der Dich von innen verschlingt

und ich hab versäumt

Dich zu retten

aus Deiner stummen, flehenden Angst?

Doch vielleicht, wer weiß,

ist ja bei Dir alles in Ordnung,

und das Monster sitzt in mir

und macht Dich mir so fremd…

 

 

Winterstrand

Nachtblaues Tier,

du rollst so sanft und so kraftvoll

so unaufhörlich und riesig

zu mir heran.

Dein nackter Körper

glänzt im letzten Licht,

deine schäumenden Wellen

küssen den Sand.

Die versunkene Sonne

hat den letzten Himmel entzündet,

auf den Saum des Meeres

hat die Nacht sich gesenkt.

Am anderen Ufer

glimmen klein und harmlos

die ersten Lichter,

auf eine Perlenkette gereiht.

Wir haben bis jetzt

noch draussen gegessen,

doch nun ist es Zeit zu gehn.

Der Mond steht schon da

mit zaghaft leuchtender Sichel,

kaum merklich schimmernd

das Rund des Planets.

In den kahlen Zweigen

blinkt das Weihnachtsgelicht,

und ein leiser Wind hebt an.

 

 

Sturmmond

Es hat geregnet,

den ganzen Tag schon,

die Nacht ist dunkel und wild.

Die Straße ein Bach,

alles weggespült,

was nicht festvertäut war,

das gibt es nicht mehr.

Das Meer schäumt hoch und ist zornig,

sogar der Mond fürchtet sich

und verkriecht sich hinter den Wolken.

 

 

Epiphania

Ich will da nicht hin,

ich will hier nicht weg!

Ein warmer Wind fährt in die Palme,

wir haben Wasser am Brunnen geholt,

am Abend, wenn’s dämmert,

knistert das Holz im Kamin,

der Schneider näht Sachen

bis zum nächsten Tag

und für das Gas in der Küche

braucht man ein Streichholz.

Gestern hat der Pope das Meer geweiht.

Die ganze Mole stand voll

mit festlich gekleideten Leuten

im Gegenlicht des Morgens,

lauter dunkle Trauben von Menschen

vor dem glitzernden Meer.

Er hat ein kleines Kreuz

ins Wasser geschmissen

und junge Männer sind gesprungen

ins Wintermeer,

haben danach getaucht,

und einer hat es geholt.

Dann sind sie alle angestanden,

haben das Kreuz geküßt

und die Hand des Pfarrers,

haben ihr Brot weihen lassen

und kleine Fläschchen mit Wasser.

Keine Steuererklärung,

keine Bauträgerfinten,

ich halt diesen ganzen Scheiß

nicht mehr aus.

Ich will nicht ein ganzes Leben lang leben,

wie ich nicht will!

 

 

Die dunklen Jahrhunderte

Die ganze Aufklärung

war ein Jahrtausendirrtum.

Schon verständlich, nach dem, was war,

aber so übers Ziel hinausgeschossen,

daß am Ende

derselbe Irrsinn rauskommt.

Jetzt sind wir Sklaven dessen,

was man Vernunft nennt,

und neue Hexen werden verbrannt.

Das Geld unser Götze,

der Fortschritt unser Glauben,

Erfolg unser Gott.

Zählen, messen, wägen,

alles im Griff,

auch wenn es nichts mehr

zum Greifen gibt.

Virtuelle Rendite,

chatroom-Freundschaft,

digitale Lust.

Die Freizeit ein Markt,

aber Muße heretisch.

Höher, schneller, weiter, mehr,

das Ich ohne Wert

aber ich-AGs gründen,

Gewissen verlacht,

die Welt zugemüllt.

Dabei ist alles versichert,

bis hin zum eigenen Tod.

Doch das Leben,

das kann man nicht versichern,

die Freude, die Liebe,

das Leid und die Angst.

Wir sind die neuen

dunklen Jahrhunderte,

zu Tode gestrahlt

von tausend Dioden

und der gezielten Kontrolle

des Selbstverlusts.

 

 

Der Kunstfehler

Es ist nicht zu fassen,

es ist immer noch was da,

dabei hab ich doch alles schon weggeschnitten,

immer noch Leben, das pocht,

immer noch Gewebe, das lebt,

immer noch Fleisch, das blutet.

Und ich dachte, ich hätt endlich alles gestillt

bis auf ein schmerzfreies Maß,

die Liebe amputiert,

ein bißchen keimfreie Freundschaft gelassen

und die kleinen Inseln von komplikationslosem Sex.

Aber selbst das ist zuviel,

er ist einfach ein Arschloch,

und ich bin ein Riesen-Rindvieh.

 

 

Imperium amoris

Das ganze Imperium amoris

ist zusammengekracht,

der Herrscher ist tot,

und die Vasallen irren

verstört umher,

wissen nicht wohin

mit ihren Schwertern,

nicht wohin

mit ihrer Wut,

nicht wohin

mit ihrer Liebe.

Kein Platz mehr da

in dieser neuen Welt,

die ihre Namen nicht kennt

und sie lächelnd beiseite stellt,

wie einen gutmütigen Narren.

 

 

Die Rose

Die schöne, große Rose wird jetzt langsam alt,

die schwere Blüte, sie hat keine Kraft mehr,

und die ersten Blätter fangen an zu trocknen

an den Spitzen.

Der Purpur weicht aus ihr

wie ein leiser Schatten,

und kein Glanz umstrahlt mehr ihre Knospe.

Sie weiß es, und sie schämt sich,

und die Scham läßt ihr das blasse Haupt

ein letztes Mal erröten.

Sie weiß, schon bald wird sie,

ein bißchen noch geschont aus Sentiment,

behutsam ausrangiert, entsorgt.

Ein kleines Häufchen Bio-Müll,

ein Grab neben Kartoffelschalen.

Und keiner wird mehr sagen: „Königin“.

 

 

Damenwahl (Walzer)

Leben, Du hast noch nie

an meine Tür geklopft,

ich war so manches mal

für Dich bereit.

Magst Du mich wirklich nicht,

oder mein ich das nur;

es ist vielleicht ja auch

other way round.

Habe kein Haus gebaut

und auch kein Kind gezeugt

und keinen Baum gepflanzt,

wüßte nicht wo.

All dieser Firlefanz

kann doch nicht alles sein,

aber das Alles,

wo ist es denn dann.

Laß mich doch, einmal nur,

einfach nur glücklich sein,

küsse mich, einmal nur,

fest und ganz tief.

 

 

Doppelgänger

Du siehst den Zeiger wandern,

doch Du glaubst nicht,

daß die Zeit vergeht.

Du hast Dein Leben nur geliehn,

Dein falsches,

und Du gibst es gleich zurück.

Ein Tag nur noch, ein Monat,

noch ein halbes Jahr,

dann wird alles anders,

dann, dann wird es gut.

Und Du glaubst auch,

daß Dein echtes Leben wartet,

unberührt und unverbraucht,

an einem stillen, sicheren Ort,

wie ein teueres Geschenk,

das man erst schont

und dann sich nur zu holen braucht.

Wieso glaubst Du,

daß es nicht mit Dir auch altert

und verbraucht wird,

auch wenn Du es gar nicht lebst?

Willst Du nicht, nur zwischendurch,

mal nach ihm sehn,

ob es noch da ist?

 

 

nie wieder

Am Tau des Morgens

klebt Dein Blut

am Pappelstrand

am Badesee

am sanften Wind in Sommerbäumen

an der verschwiegenen hölzernen Brücke

wo alles nach Kindheit riecht

an den gewitterschweren Tropfen

am kleinen gefrorenen Weiher

an der bleiernen Juliglut

Deine tote Hand

liegt auf dem Tisch

auf dem Feuerzeug

im Strohhut ist Dein Kopf nicht mehr

Dein Leichengift

tropft aus dem Radio

und alles ist bedeckt

mit feinem Staub

aus Deiner Asche

 

 

Steppenbrand

Alles ist mit Dir vergrast,

alles hast Du unterwurzelt,

in allem steckt ein Keim von Dir.

Doch dann kommt diese große Dürre

unaufhaltsam

Steppenbrand

platzende Wunden

Welt zerbirst

bis nichts mehr über ist

geschmolzen auf einen winzigen Punkt,

und dann ist auch der noch weg.

Ein Schrei aus Nichts.

Stumm, ohne Zunge.

Nichts. Nichts. Nichts. Nichts. Nichts.

Die nächsten fünf Minuten gehn vorüber,

die nächste Stunde geht vorbei.

Ein ganzer Tag schon.

Noch ein Monat.

Noch ein Jahr.

Die ersten Pflänzchen sprießen wieder,

die Haut wächst langsam an.

Gewebe, noch fremd im eignen Fleisch,

sucht zitternd nach Synapsen,

sucht nach der eigenen Welt.

 

 

 
 
endorphin junkie

Du, nur, Du,

meine große Liebe,

Liebe, Liebe, Liebe, Liebe

– und – dschong-

immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand –

aber Du bist doch meine große

– dschong –

immer wieder nichts kapiert

– meine große Liebe –

immer wieder beim Falschen gesucht

– meine große Liebe –

sonst eh alles wurscht,

was hab ich denn schon

– meine große Liebe –

auf der Suche nach dem Kick

endorphin junkie

 

 

ausgetrunken

Austrinken.

Ich könnte das Buch austrinken.

So wie ich Dich einmal austrinken wollte,

aber nicht durfte,

weil Du Dich nicht austrinken lassen wolltest.

Also hab ich es heimlich getan,

so gut es ging,

und ohne daß Du es wußtest,

und Dich noch lange im Mund behalten,

wenn Du schon weg warst,

und immer gehofft,

daß Du erst es spät wieder anrufen würdest,

weil ich Dich dann hinunterschlucken mußte

und Du wieder nur

ein nicht Auszutrinkender warst.

 

 

Das letzte Geleit

Dein Blütenregen

hat mich liebkost,

Deine dichte Krone

hat mir Schatten gespendet,

Deine bunten Blätter

haben im Wind getanzt,

Deine dürren Äste

haben mein Feuer genährt;

doch Deine Früchte

waren vergiftet.

Da wollt ich Dich fällen,

doch ich konnte es nicht.

Nun bleibt mir nur noch,

Dich nicht mehr zu wässern,

und zuzusehn,

wie Du langsam verdorrst.